Auf der Suche nach dem fehlenden Puzzleteil

Was ist besser in der Nachsorge eines Schlaganfalls, kontinuierlich einige wenige wöchentlichen Therapiestunden oder eine intensive Förderung über einen definierten Zeitraum? Durch meine Erfahrungen mit den Neurointensivwochen mit 3,5 Stunden täglich kann ich für mich diese Frage klar beantworten. Eine intensive Förderung erreicht deutlich mehr. Das hat mir auch meine Frau bestätigt, die nach den Neurointensivwochen bei mir einen richtigen Sprung vor allem beim Laufen entdeckt hat. Auch bei den Profis gibt es hierzu positive Stimmen:

Die Leistungsfähigkeit von Patienten nach Schlaganfall fällt nach der stationären Versorgung leider oft massiv ab. Zwei Mal pro Woche ambulante Physiotherapie reicht meistens nicht aus. Er plädiert für eine intensive Therapie – täglich, über einige Wochen. Patienten und Kostenträger würden profitieren.

Hans Lamprecht, physiopraxis 9/16

Herr Lamprecht plädiert für eine intensive Therapie in einem vorher definiertem Zeitrahmen. Beispielsweise über drei Wochen täglich für drei Stunden. Und das ist ja genau das, was ich in den Neurointensivwochen in Gengenbach gemacht habe. Meine Erfolge dort könnt ihr an dieser Stelle nachlesen.

Aber wie sieht es mit den Kosten aus? Eine intensive Förderung würde die Kosten für unser Gesundheitswesen ja explodieren lassen, oder?

Laut Ärzteblatt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die lebenslangen direkten Behandlungskosten pro Schlaganfallpatient in Deutschland belaufen sich durchschnittlich auf 43 129 Euro. Zu diesem Ergebnis gelangt das Erlanger Schlaganfall-Register, ein Projekt des Kompetenznetzes Schlaganfall, das jetzt in Stroke (2006; 37 [5]: 1179–83) veröffentlicht wurde.

Es geht dabei nicht um die absolute Menge der Therapiestunden. Sondern eher um die Dichte, also um die Menge pro Zeiteinheit. Noch einmal dazu Herr Lamprecht:

Das Ziel der intensiven Therapie wäre es, dass die Patienten ein an ihrer Leistungsgrenze orientiertes Eigentraining erlernen, das sie anschließend selbständig durchführen. Sie müssten Verantwortung für ihre Behinderung übernehmen.

Hans Lamprecht, physiopraxis 9/16

Aber wie kann ich selber Verantwortung übernehmen? Wie kann ich aufpassen, dass ich nichts falsch mache und wie kann ich mich permanent neu motivieren? Die professionellen Therapeuten wären ja nach dem Intensivtraining nicht mehr jede Woche greifbar. Fehlt hier nicht noch ein entscheidender Baustein?

Einen ersten Ansatz habe ich für mich bereits gemacht. Ich habe viele Übungen während des Trainings fotografiert und versuche jetzt diese, so gut es geht im privaten Umfeld, zu rekapitulieren.

Aber ich glaube, es geht noch besser. Vor ein paar Tagen hat Holger in unserer Facebook-Gruppe gefragt, wer in der Reha Übungen für zu Hause mitbekommen hätte? Der Wert der positiven Meldungen lag deutlich unter 10 %. Das fand ich erstaunlich, geht es doch um Gesundheit und Wohlergehen von Menschen.

Eine Dame berichtete vom interessanten Ansatz der Caspar Health App. War mir bis dato völlig unbekannt. Mit der App kann man schon während der Reha Übungen zusammen mit seinen Therapeuten erarbeiten und sie dann zu Hause weiter verfolgen. Bei Rückfragen kann man Kontakt aufnehmen oder auch ergänzende Schulungen und Vorträge abhalten. Mir schwebt hier zum Beispiel Ernährungsberatung vor. Ich denke, eine solche App könnte das fehlende Puzzlestück im großen Puzzle der eigenverantwortlichen Rehabilitation sein. Wer sich das nicht vorstellen kann, hier gibt es ein kurzes Video. Gerne würde ich dies einmal ausprobieren und testen. Ich habe darum die Firma auf meine beiden Rehabilitationseinrichtungen des BDH aufmerksam gemacht. Einmal im stationären (Hessisch Oldendorf) wie ambulanten Kontext (Gengenbach). Vielleicht ergibt sich ja einmal die Gelegenheit dazu in der Zukunft? Wenn sich die Idee weiter verbreitet. Dazu soll dieser Beitrag helfen.

Caspar scheint mit dieser Idee ziemlich erfolgreich zu sein, haben sie im letzten Jahr doch neun Millionen Euro Investition eingestrichen.

Ich bin der Auffassung, dass die Nachsorge aktuell erheblich zu verbessern wäre und dass damit nicht zwangsläufig höhere Kosten verbunden wären. Vielleicht fehlt es hier einfach an Mut? Oder wir Betroffenen setzen uns noch nicht genug dafür ein (Stichwort Eigenverantwortung)? Wie sind hier eure Erfahrungen? Habt ihr Vorschläge für Verbesserungen oder neue Lösungsansätze? Hinterlast doch einfach einen Kommentar.

Arbeiten mit Schwerbehinderung, geht das? Bloggen & Co. Hobby Lohnende digitale Helferlein Medizinisches Meine Fußheberschwäche Meine Herausforderungen Mein Ehrenamt Meine Kolumne im BDH Magazin Mein persönlicher Plan b Mein Sozialverband Mentales Neulich, auf meinem Nachttisch Notizen aus dem Gerichtssaal Reha zu ende. Weitere Fortschritte erreichen, aber wie? Schlaganfall, der andere in mir? Sport & Gesundheit Strokecoach, Studien & mehr Therapien, was ich mit welchem Ergebnis schon probiert habe

Veröffentlicht von oschlenkert

männlich, 52 Jahre, verheiratet, 1 Kind, mitten im Leben ... und dann kam der Schlaganfall.

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