Allein auf die Dosis kommt es an

Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei“ gilt als das Paracelsus-Prinzip und ist weiterhin der wohl populärste Leitsatz der Pharmakologie und Toxikologie.

Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit dem E-Rezept gemacht? Hat es euer Leben in Gesundheitsdingen erleichtert?

Heute soll es um meine aktuelle Erfahrung mit dem E-Rezept gehen. Um meinem Hausarzt sowie meine Erfahrung mit der Gematik, aber jetzt mal der Reihe nach.

Eigentlich hatte ich bisher mit dem E-Rezept und meiner Gesundheitskarte keine Probleme. Als chronisch Kranker ist das Verfahren für mich praktisch. Ich kann ihn Quartalen, in denen meine Gesundheitskarte schon in der Arztpraxis war, einfach die neuen Medikamente telefonisch bestellen und dann in der Apotheke abholen. Das unproblematische Vorgehen sollte sich bei der aktuellen Bestellung bei meinem Hausarzt aber ändern:

Freitag Bestellung Metropolol sowie Atorvastatin im Vorzimmer meines Hausarztes. Ich lese den Damen die Dosierung immer zur Sicherheit noch einmal vor 47,5 mg N3 Packungsgröße.

Meine Karte war in diesem Quartal schon bei dem Arzt, also direkt ab zur Apotheke.

Samstag Vergeblicher Gang zur Apotheke –> GDB 60 Merkzeichen G 2,7 km. Es wurde kein Rezept angelegt.

Montag Telefonat mit Vorzimmer Hausarzt: Das ging elektronisch nicht und wäre danach liegen geblieben, Entschuldigung, nach dem Anruf ging es aber doch.

Montag Nachmittag: Meine Frau zur Apotheke ein Medikament erhalten, Metropolol Ersatz musste bestellt werden.

Dienstag nach der Arbeit jetzt ich in der Apotheke, der Apotheker drückt mir eine kleine Schachtel in die Hand, es gibt  mir unbekannt Metobeta 100 N1 für 5€ Zuzahlung.

Erster Anruf ihr Vorzimmer auf dem Weg nach Hause: Oh, N1 sie bekommen doch sonst immer N3. Nette Entschuldigung. Ich mache das sofort für sie.

Auf dem weiteren Weg nach Hause frage ich mich, wofür steht eigentlich die 100 auf der Packung?

Zweiter Anruf im Vorzimmer: Für die Dosierung, Entschuldigung, doppelt so stark wie bei mir gewöhnlich, sollte ich wohl besser nicht nehmen. Was mache ich da in 15 bis 20!Jahren? Werde ich dann auch noch so aufmerksam sein.

Morgen unternehme ich dann den dritten Versuch in der Apotheke und versuche die kleine Packung zurückzugeben. Der Umtausch hat dann in diesem Anlauf funktioniert.

Meine persönliche Bilanz, also Papier war nicht besser, aber wenigstens musste ich nicht umsonst zur Apotheke. Und ich hätte die Dosierung der Medikamente selber lesen können.

Ich habe daraus 3 Dinge gelernt:

Ich versuche die PIN für meine Gesundheitskarte zu bekommen. Dann kann ich die App der Gematik installieren und die Umsonstwege in die Apotheke entfallen.

Ich kontrolliere in der Apotheke die Dosierung bei mir unbekannten Packungsgrößen und Hersteller.

Sobald die Packung halb leer ist, bestelle ich nach. Merke, es kann schon einmal länger dauern.

Nachgefragt, was macht eigentlich…?

Nach meinem Schlaganfall habe ich mir geschworen, solche Dinge nicht einfach auf sich beruhen zu lassen. Also habe ich mich an die Gematik gewandt.

Die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH, kurz gematik, ist seit 2015 verantwortlich für den Betrieb der einrichtungsübergreifenden Telematikinfrastruktur (TI) des Gesundheitswesens und die stufenweise Einführung verschiedener Anwendungen der TI.

Per Mail habe ich vier Fragen formuliert, wie solche Fehler zukünftig vermieden werden könnten?

Gestern habe ich die ausführliche Antwort erhalten:

Guten Tag, Olaf Schlenkert,

Wir freuen uns, Ihnen zu Ihrem Anliegen mit der ID TCK45861 folgende Rückmeldung geben zu können:

Lösung:
Hierauf möchten wir wie folgt eingehen:
1. Wie kann es zu dieser Fehldosierung kommen. Die korrekte Dosierung ist ja in meiner Dauermedikation hinterlegt. Gibt es hier keine programmtechnische Überprüfung, Hinweise oder Fehlermeldungen? Antwort: Die Programmabläufe in den Arztsystemen sind nicht alle normiert. Es besteht durchaus die Logik, aus einem Medikationsplan die Dauermedikation in ein Rezept zu übernehmen. Dabei sollte zudem ein Abgleich mit den aktuell in den Arzneimitteldatenbanken hinterlegten Datensätzen zum einzelnen Präparat erfolgen. Selbst wenn ein Arztsystem das optimal umsetzt, sind Ärzte jedoch nicht gezwungen diesen optimalen Weg auch zu gehen, d.h. Ärzte können den Verordnungstext auch frei Hand formulieren und umgehen dann jedoch das standardisiert Raster. So kann es zu menschlichen Fehlern kommen. Gleichwohl bieten jedoch nicht alle Arztsysteme die aufgezeigte Logik an. Die gematik ist bislang nicht beauftragt den Herstellern genaue Vorgaben für die Ausgestaltung im Frontend zu machen, dies ändert sich aber womöglich im Zuge zukünftiger Gesetzesvorhaben.

2. Bundeseinheitliche Medikationsliste: Hätte die etwas gebracht? Hätte der Apotheker das Medikament dann nicht ausgehändigt? Antwort: Der bundeseinheitliche Medikationsplan sowie der elektronische Medikationsplan auf der Gesundheitskarte können helfen, Missverständnisse und Fehler zu vermeiden. Das bedingt jedoch, dass Sie den Plan bei sich haben wenn Sie zum Arzt oder in die Apotheke gehen. Ein technischer Abgleich mit dem E-Rezept erfolgt jedoch nicht, da der Medikationsplan als kuratierte Übersicht eigenständig von Ärzten und Apotheken gepflegt wird.

3. PIN für E Rezept: Meine Krankenkasse sieht hier zwei Wege vor. Geschäftsstelle und Videoidentverfahren. Wie gesagt ich bin Gehbehindert Merkzeichen G und habe eine Hemiparese im Arm. Videoident ohne Assistenz ist da schlecht. Welchen Weg sieht der Prozess für solche Fälle vor. Antwort: Die Identverfahren legt Ihre Krankenkasse fest. Unter den Verfahren die ausreichend sicher sind, kann Ihre Krankenkasse auswählen. Mit Einführung der GesundheitsID (https://www.gematik.de/anwendungen/gesundheitsid) seit Jahresanfang kommt auch die Identifikation mittels Personalausweis am Smartphone in Betracht und im Laufe ds Jahres (2024) auch das Identverfahren in der Apotheke vor Ort. Erkundigen Sie sich gern bei Ihrer Krankenkasse bzgl. der GesundheitsID.

4. Warum bietet mir mein Arzt kein Wiederholungsrezept an? Kennt er diese Möglichkeit nicht oder gibt es einen anderen Grund (z.B. wirtschaftlichen Ausfall) Antwort: Alle Arztsysteme besitzen die Funktion der Mehrfachverordnung (mehrere gleichartige E-Rezepte in einem Vorgang erstellen). Wie Sie schon vermuten sind die wirtschaftlichen Gründe zur Nutzung dieser Möglichkeit für Arztpraxen nicht attraktiv, wenngleich es auch der Einschätzung des Arztes obliegt, ob er Sie zur Verlaufskontrolle persönlich sehen möchte oder nicht. Der politische Vorstoß zu einer Entbudgetierung wurde vom BMG zwar angekündigt, derzeit liegen aber noch keine Details vor, wann es gesetzlichen und vertragliche Rahmenbedingungen geben wird, um die Situation zu ändern.

Wir hoffen, unsere Antwort ist für Sie hilfreich, und möchten uns für die Korrespondenz mit Ihnen bedanken. 
Wenn Sie weitere Fragen oder Anmerkungen haben, teilen Sie uns diese gerne über das Kontaktformular unter Angabe Ihrer Ticket-ID im Feld „Ticketreferenznummer“ mit.*
 
Freundliche Grüße, Ihr gematik-Team

Ich fühle mich von der Gematik mit meinen Fragen ernst genommen. Genau so ist aus meiner Sicht der richtige Weg der Kommunikation mit uns Bürgern in diesem für alle neuen Prozess. Nur so erhält die Firma ein Feedback, um den Prozess zukünftig weiter verbessern zu können.

Erstaunt bin ich über die Möglichkeit des Arztes sich über alle Daten im Arztinformationssystem hinweg setzen zu können. Weiter, dass der bundeseinheitlich Medikationsplan unabhängig vom E-Rezept ist. In Kombination ließen sich etliche Fehler vermeiden. Also, es ist noch Luft nach oben beim E-Rezept.

Geht das nur mir so? Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit dem E-Rezept gemacht? Hinterlasst gerne einen Kommentar.

Foto von cottonbro studio: https://www.pexels.com/de-de/foto/hande-hand-apple-frucht-4661294/

Veröffentlicht von oschlenkert

männlich, 52 Jahre, verheiratet, 1 Kind, mitten im Leben ... und dann kam der Schlaganfall.

2 Kommentare zu „Allein auf die Dosis kommt es an

  1. Ich bestelle online bei meinem Hausarzt Rezepte und Verordnungen, ich bekomme denn eine E-Mail, dass ich zur Apotheke kann, das funktioniert gut. Verordnungen muss ich weiterhin abholen, da muss ich immer kotrollieren, ob alles richtig ausgefüllt ist.

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  2. Mir gefällt Ihr konstruktiver Umgang mit den Widrigkeiten des neuen Systems. Das würde ich gerne auch anderswo lesen, wo daraus ein Skandalthema gemacht wird.

    Ich muss einmal im Jahr zum Urologen und lasse mir dann die Rezepte fürs ganze Jahr geben – ganz altmodisch in Papier und staple dann die Pakete N4 in meinem Badezimmerschrank. Ich hoffe, dass es nicht mehr werden….

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