Durch meinen Schlaganfall interessiere ich mich auch für die Geschichte der Neurologie. Mein Vater hat mir erzählt, dass mein Großvater einen Schlaganfall in den fünfziger Jahren hatte. Ich kenne meinen Opa seit meiner Geburt im Jahre 1968 und habe an ihm zu seinen Lebzeiten nie etwas bemerkt. Was wäre aber gewesen, wenn er einen ähnlichen Anfall wie ich in den 50er Jahren gehabt hätte? Wie wäre ihm und womit wäre ihm geholfen worden?
Der Schlaganfall ist eine sehr alte Krankheit. Schon Hippokrates der Urvater aller heutigen Ärzte sprach davon und beschrieb die Leute von 40 bis 60 als besonders Schlaganfall gefährdet. Trotzdem veränderte sich die Behandlung 100 von Jahren nicht sonderlich. Das große Problem, man konnte bei lebenden Menschen nicht in den Kopf sehen.
Beobachtungen wurden eher durch Zufall gemacht. So zum Beispiel bei Monsieur Tan im Jahre 1840. Er wurde in ein Pariser Krankenhaus eingeliefert und war klar bei Verstand. Obwohl er alles verstand, konnte er lediglich die Silbe „tan“ sprechen. Oder beim Arbeiter Phineas Gage, dem sich eine Eisenstange durch das Gehirn bohrte und der trotz dieser schweren Verletzung weiter arbeiten konnte. Nur sein Wesen veränderte sich radikal.
Zum Beispiel schreibt William Gowers in Manual of Diseases of the Nervous System, 1886/1888 zu den Therapiemöglichkeiten nach dem Verschluss einer Hirnarterie:
„Zur Behandlung der Restsymptome, die von der Zerstörung von Gewebe abhängen, kann leider wenig getan werden. Ob therapeutische Maßnahmen einen deutlichen Einfluss darauf haben, ist fraglich.“
Eigentlich änderte sich das erst durch die Entdeckung der Röntgenstrahlen im Jahr 1895. Doch auch hier gab es keine klare Sicht aufs Gehirn.
Die Aufnahmen des Schädels bilden einen Teil der Röntgengraphie, welcher zu den schwierigsten gehört, schrieb der Röntgenpionier Heinrich Albers im Jahr 1913. Die Knochen des menschlichen Kopfes seien zu dick, um die Röntgenstrahlen in genügender Menge durchzulassen. Dennoch halte ich es durchaus nicht für unmöglich, dass wir bei einer besser ausgebildeten Technik im Laufe der Zeit dahin kommen werden, dass das Röntgenverfahren in der Lokalisation von Tumoren eine Rolle spielt.
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Das ändert sich erst Anfang der 70er Jahre mit der Erfindung des Computertomografen. Dann sind die Computer endlich leistungsfähig genug, aus verschiedenen Richtungen Schnittbilder zu berechnen. Endlich konnte man nachsehen, was im Kopf eigentlich los ist. Und so beginnt die Geschichte der Neurologie hier erst richtig.

Trotzdem bin ich überrascht, wie häufig es immer noch zu Fehldiagnosen kommt. In meiner Facebook Schlaganfallgruppe gibt es zahlreiche Schilderungen, wie ein Schlaganfall einfach als Migräne abgetan wurde und erst nach Tagen dieser durch ein CT korrekt diagnostiziert wurde.
Mein Dank gilt den Mitarbeitern der Siemens Healthcare GmbH, die mir die Informationen und Bilder für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt haben.
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