Die letzte Woche war ich bei meinen Eltern in Norden. Meiner Mutter ginge es sehr schlecht, sagte mein Vater am Sonntag. Also Montag gleich Urlaub nehmen und sich selber ein Bild der Lage machen. Aber wie hinkommen? Sabine musste arbeiten, ich, allein mit dem Zug und nach dem Schlaganfall eine so lange Fahrt, ginge das überhaupt?
Ein großes Glück ist, die Zugfahrt ist mit drei Stunden ziemlich lang, aber man muss nicht umsteigen. 5 bis 6 Minuten Umsteigezeit, das wäre für mich mit Gepäck momentan nicht zu bewältigen. Kleines Schmankerl, die gesamte Fahrt war dank Schwerbehindertenausweis für mich kostenlos. Sabine wollte mich zum Bahnhof bringen. Leider werden praktisch alle Straßen in Hannover gleichzeitig instandgesetzt. Es gab mit dem Auto praktisch kein Durchkommen.
Also hat sie mich am Braunschweiger Platz abgesetzt und ich bin mit der U-Bahn weitergefahren. Der Braunschweiger Platz ist eine große Haltestelle. Große Freitreppen führen in den Untergrund. Das ist schön, weil viele Menschen gleichzeitig vorankommen. Ich brauche aber ein Geländer, ganz definitiv am Montag, mit Koffer und Rucksack zusätzlich beladen. Also erst mal zum Rand der Treppe und das Geländer suchen. Plant genug Zeit ein. Ich gerate schnell in Hektik bei solchen Sachen. Wo ist der Aufzug? Dass es einen gab, war klar. Aber wohin muss man sich wenden? Auch Aufzugshinweise gehören zur Barrierefreiheit.
Am Bahnhof waren die Rolltreppen das größte Problem. Gleich mehrere hintereinander. Und Hannover ist kein Provinzbahnhof. Da drängeln sich gleich mehrere Menschen hinter dir. Ich brauche aber etwas mehr Zeit, meinen Fuß sicher auf die Rolltreppe zu setzen. Die Doppelstockwagen sind okay, wenn man sie erst mal kennt. In jedem Einstieg gibt es in der Mitte ein Geländer, an dem man sich festhalten kann. Egal ob man unten oder oben sitzen möchte, man muss auf alle Fälle Treppen steigen. Finde ich nicht so gut, aber das dadurch entstandene Platzangebot bei den Corona Abstandsregelungen finde ich sehr begrüßenswert.
In Norden müssen wir ein seltsames Paar abgegeben haben, mein Vater und ich. Er auf seinem elektrischen Rollstuhl mit meinem Koffer auf den Knien vorneweg und ich per pedes hinterher. Gott sei Dank ist Norden nicht groß. Nie längere Wege als 2 bis 3 km. Für mich gut geeignet und auch mehrfach am Tag gut zu bewältigen.
Das Hotel überteuert, aber versucht mal zur Hauptreisezeit ein Hotel von heute auf morgen zu finden. Zimmer im zweiten Stock, aber Fahrstuhl vorhanden. Dusche begehbar, toll, das brauche ich für zu Hause. Aber einen neuen Feind habe ich ausgemacht. Teppichboden. Ich habe eine Fußheberschwäche und bleibe manchmal mit dem Fuß hängen. Sturzgefahr.
Morgens im Hotel, Frühstück am Buffet. Also mehrere Gänge mit Saft und Teller bewaffnet, zum 30 Meter entferntem Buffet. Früher selbstverständlich, heute nur mit größter Vorsicht zu bewältigen. Ich werde die Frage, wie viel Teppich haben sie im Hotel, ganz bestimmt in meinen Buchungsfragenkatalog aufnehmen.
Bei der Rückfahrt am Freitag hat mich meine Nichte Celina mit dem Auto zum Bahnhof gebracht. Also die Jugend ist pünktlich und sehr hilfsbereit.
Auf der Rückfahrt mit der Bahn war es dann voller. Der sprichwörtliche sehr heitere Kegelclub aus vier Damen war da, wie auch der Jugendliche, der partout seine Musik laut ohne Kopfhören hören musste. Bitte nehmt etwas mehr Rücksicht auf eure Mitreisenden. Die vielen Geräuschquellen waren eine Tortur für mich. Wären sie aber auch ohne Schlaganfall gewesen.
Also, ich würde sagen, Generalprobe bestanden. Das ist wichtig für mich, da ich auch wissen muss, ob ich alleine eine längere berufliche Reise bewältigen könnte. Und noch etwas, erst wenn du es macht, weißt du wozu du trotz Einschränkungen in der Lage bist.
Foto von Alexandr Podvalny von Pexels
Du hast vergessen, dass wir mehrfach essen waren, und das Du diese Wege sehr gut gemeistert hast. Ich bin stolz auf Dich. Dein Erzeuger
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Toller Bericht und super gemeistert.
Da kannst du wirklich stolz sein!
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