Seit frühester Jugend bin ich an Geschichte interessiert. Ich lese viel über geschichtliche Themen. Schaue Dokumentationen auf Phoenix und Arte. Ich finde, wir können für unsere Gegenwart viel aus der Geschichte lernen. Das mit der Neugierde geht mir auch beim Thema Schlaganfall genau so. Was wusste man sagen wir Anfang der 50er Jahre vom Schlaganfall? Wie wäre mein Schicksal damals ausgegangen? Hätte ich meinen Job aufgeben müssen? Wäre ich für den Rest des Lebens ein Krüppel (dieses Wort hätte man damals vermutlich noch verwendet!) gewesen? Wie hätte sich die Krankheit auf meine Familie ausgewirkt?
Einen ersten Eindruck habe ich auf dem crossiety Portal erhalten. Dort habe ich die Frage Herrn Dr. Urbach vom BDH gestellt. Seine Antwort:
Die meisten Menschen, die Anfang der 1950er Jahre einen Schlaganfall erlitten, wurden in Deutschland nicht kausal behandelt. Man kann auch sagen: sie wurden ins Bett gelegt und man ließ die spontane Remission ihr Werk tun. In den 1950er-Jahren waren die hirnverletzten Kriegsteilnehmer in unseren Kurheimen unter sich. Später (in den 1960er Jahren) kamen Arbeits- und vor allem Verkehrsopfer mit Schädelhirntraumen hinzu, denn hier bestand Erfahrung. Wir machen uns heute keinen Begriff mehr von dem Massaker auf Deutschlands Straßen: Heute gibt es etwas über 3.000 Verkehrstote pro Jahr – in früheren Jahrzehnten lag diese Zahl um ein Vielfaches höher, obwohl es heute sechsmal so viele Autos gibt wie 1960. Das Jahrzehnt von 1960 bis 1970 kann auch als das Jahrzehnt der Verkehrsopfer gelten – die Gurtpflicht kam in Deutschland erst am 1.1.1976. 1960 starben in Deutschland 16.477 Menschen im Verkehr, mit 21.332 Toten erreichte die Opferzahl 1970 einen traurigen Höhepunkt. Entsprechend hoch war auch die Zahl der Verletzten, 1960 wurden fast eine halbe Million Menschen im Verkehr verletzt, davon rund 200.000 am Kopf, von denen ein Viertel bis ein Fünftel Dauerschäden davontrugen. Der BKHA forderte damals angemessene Rehabilitationsmaßnahmen. Gemeint waren darunter Anfang der 1960er Jahre noch Badekuren. Durch die Fortschritte in der Akutneurologie (Serien-Angiographie und Echo-Enzephalographie) überlebten aber immer mehr Patienten eine medizinische Katastrophe. Auch Schlaganfall-Patienten rückten jetzt – aber sehr, sehr langsam in den Fokus des Interesses. 1966 hatte der BKHA alle seine Kurheime in „Neurologische Sanatorien“ umbenannt, es wurden aber weitgehend dieselben Patienten, nämlich Kriegshirnverletzte behandelt. Nachdem der Deutsche Bundestag am 22. Januar 1964 die Bundesregierung aufgefordert hatte, ein Rehabilitationsgesetz vorzulegen „das die in der Kriegsopferversorgung gewonnen Erkenntnisse und Erfahrungen auch den übrigen Staatsbürgern dienstbar macht“, tauchte am Horizont bereits die moderne neurologische Rehabilitation auf, die der BHKA und später der BDH aktiv mitgestalten wollte und sollte. Erst in den 1970er-Jahren hatten eine verlängerte Lebenserwartung, eine verbesserte Akutmedizin und der Wegfall vorher bestehender Pflegemöglichkeiten in der Großfamilie die Entwicklung von differenzierteren Konzepten zur Rehabilitation nach Schlaganfall begünstigt. Einen wichtigen Grundstein für das heutige System der neurologischen Rehabilitation legte das Gesetz über die Angleichung von Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974, weil es die Zusammenarbeit der einzelnen Kostenträger von neurologischer Rehabilitation regelte. Gesetzliche Krankenkassen konnten erst jetzt auch Träger der medizinischen und beruflichen Rehabilitation sein! Wir reden hier aber von einem lange andauernden Prozess: Der erste Schlaganfallpatient wurde in der BDH-Klinik Elzach erst Ende der 1970er Jahre behandelt.
Herr Dr. Urbach, Leiter BDH Unternehmenskommunikation.
Danke Herr Dr. Urbach für diese ausführliche Schilderung. Daran sieht man, wie viel Glück ich gehabt habe. Dank später Geburt das richtige Jahrzehnt für meine Behinderung gewählt. Aber auch, wie viel sich seit damals verändert hat. Und das dieser Aufwand natürlich sehr viel Geld kostet und unser Gesundheitssystem neue Antworten zum Thema medizinischem Fortschritt finden muss. Ich sage aber erst mal laut DANKE. Und sehe den Fortschritt auch als Verpflichtung, mein Bestes zu meiner bestmöglichen Genesung zu geben.
Das Thema interessiert mich weiter. Was wusste man damals zu den Therapiemethoden beim Schlaganfall?
Ich lese viele antiquarische Bücher. Diese findet man zum Beispiel im Portal zvab.de. Steht für Verzeichnis antiquarischer Bücher. Dort gibt es eine segensreiche Funktion in der Suche. Ich kann das Erscheinungsdatum bei den angezeigten Büchern begrenzen. Ich habe mich für spätestens 1960 entschieden. 8 Jahre vor meiner Geburt. Halt ein Wimpernschlag früher. Dabei ist mir dieses Buch aufgefallen. Ihr seht, antiquarische Bücher sind in den seltensten Fällen teuer. Das Porto ist häufig teurer als das Buch. Probiert es doch auch mal aus. Nebenbei tut ihr den Antiquariaten in Deutschland was Gutes. Können die gut gebrauchen. Von der Nachhaltigkeit gebrauchter Bücher ganz zu schweigen.

Mal sehen, ob es mir bei der Beantwortung meiner Frage hilft? Ist bestellt, ich bleibe am Ball.