Gleich eine Warnung zum Anfang. Momentan bin ich in einer melancholischen Phase. Alle Beiträge bekommen wie durch Zauberei einen melancholischen Touch. Ob das wohl am Thema, meinem Aufenthalt in der Reha vor einem Jahr liegt?
Was hat mich dort am meisten bewegt? Heute soll es um die Berufsgruppe der Schiebekräfte gehen. Ich kann diese vor meinem Schlaganfall und vor meiner Reha gar nicht. Aber glaubt mir, wenn ihr nach dem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt und keine Ahnung habt, wo es zur Therapie geht, seid ihr für eure Schiebekraft dankbar.
Sie bringen euch von eurem Zimmer, dem Aufenthaltsraum zum Therapieort und wieder zurück. Und das zum richtigen Zeitpunkt.
Ich habe meine Reha in der BDH Klinik Hessisch Oldendorf verbracht. Das Gelände liegt am Berg und wurde in den letzten Jahrzehnten ständig erweitert. Die Anfänge stammen noch aus dem Ende der fünfziger Jahre. Dann ist mindestens alle 10 Jahre ein Erweiterungsbau hinzugekommen. Es gibt ein großzügiges Klinikgelände, aber durch den Coronalockdown war das tabu. Nach draußen ging es nicht.
Die meisten Gebäude der Klinik sind jedoch auch unterirdisch verbunden. Die Lösung für den Weiterbetrieb der Klinik auch während des Lockdowns. Daraus ergeben sie aber 3 Probleme:
Problem 1: Weite Wege. Ich trage ständig meine Smartwatch mit Schrittzähler. Unter 6000 Schritte pro Tag bin ich während meiner Reha selten ausgekommen. Und nur im Inneren der Gebäude. Wenigstens konnte ich am Anfang fahren.
Ich sehe gerade auf dem Luftbild unten, der zentrale Verbindungsneubau ist wohl inzwischen fertiggestellt. Somit sollte sich das Problem der langen Wege um einiges im Vergleich zu meiner Aufenthaltszeit entschärft haben.
Problem 2: Die labyrinthischen Wege. Natürlich gibt es überall Wegweiser. Aber glaubt mir, am Anfang seit ihr für die begleitenden Schiebekräfte sehr dankbar. Alles sieht überall gleich aus. Und ihr habt ja auch noch zusätzlich mit der Administration des Rollstuhls oder Rollators zu kämpfen.
Problem 3: Die Höhenunterschiede auf den Verbindungswegen. Bedingt durch die Hanglage und die unterschiedlichen Entstehungszeiten der Gebäude gibt es Höhenunterschiede von bis zu einem Meter. Diese werden durch Rampen ausgeglichen. Klingt nicht nach viel, aber versucht das mal mit einem Rollstuhl. Vorwärts, nur mit der linken Hand und dem linken Fuß bitteschön. Geht schlecht, oder? Die Lösung, ihr dreht euch mit dem Rollstuhl um und nehmt die Hürde rückwärts. Oder ihr vertraut alternativ auf die Schiebekräfte.
Die Fahrstühle der Klinik waren in Wirklichkeit ein versteckter Intelligenztest. Durch die vielen Anbauten und unterschiedlichen damit verbundenen Planungsstände konnte man nicht mit jedem Aufzug in jede Ebene der Klinik gelangen. Gelassen haben die Schiebekräfte alle falsch positionierten Rehabilitanden zu den richtigen Aufzügen bugsiert.
Alle halbe Stunde oder Stunde wechseln die Therapien. Keine Sorge, die Schiebekräfte bringen euch schon hin. Egal wie hektisch und stressig es wird, die Schiebekräfte sind immer freundlich. Was legen die wohl am Tag für Distanzen zurück? Ich schätze mal, zwischen 10 und 15 km pro Tag werden es mit Sicherheit sein. Ich kenne nicht die Gehaltsstruktur der Klinik. Aber Schiebekräfte werden sicher nicht zu den Topverdienern gehören.
John F. Kennedy ist mal auf das NASA Abschussgelände in Florida gefahren und hat den Pförtner gefragt, was er hier mache? Der Pförtner antwortete ihm: „Ich sorge dafür, das meine Kollegen zum Mond fliegen können.“
Danke, liebe Schiebekräfte. Ihr und euer Beitrag im Gesundheitswesen ist wichtig. Vielen Dank für eure besondere Hilfe am Anfang meiner Reha, aber auch für eure gute Laune während meiner gesamten Reha. Ihr habt mir, ohne es vielleicht zu wissen, manchen Tag erhellt.
Nachtrag: Ich hatte euch gleich am Anfang gewarnt, ich stecke in einer melancholischen Phase.

BeitragsFoto von Marcus Aurelius von Pexels
Toller Beitrag. Über die Schiebekräfte war ich am Anfang der Reha auch echt dankbar. Nach 2 Wochen habe ich es aber selbst versucht bzw. nur noch den Rollator benutzt.
Wollte einfach keine Verlängerung und ganz schnell nach Hause. 😉
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