Als Blogger ist man immer an der Arbeitsweise des großen Bruders interessiert. Wie arbeitet eine Zeitschriftenredaktion? Kann ich mir einige Tricks abgucken?
Ich habe mich in die Schreibwerkstatt der Spektrum der Wissenschaftredaktion in Heidelberg eingebucht. Anreise mit der Bahn. Problemlos, nagelneues Redaktionsgebäude direkt am Bahnhof.
Der Redakteur, der den Kurs leitete, war eigentlich promovierter Naturwissenschaftlicher und Quereinsteiger im Journalismus. Mit mir zwanzig Personen, überwiegend Frauen und allein acht Biologen. Alle interessiert am Schreiben und richtigem Formulieren.
Los ging es mit allgemeinen Themen, der Halbierung der Abonnenten, dem großen Einfluss der digitalen Formate. 350 Beiträge muss so eine Redaktion im Monat produzieren, Produktmanager haben das Kommando anstatt von Redaktionskonferenzen übernommen. Beim Thema Verdienst bin ich etwas demütig geworden, nach meinem Studium gleich eine Anstellung in der IT zu finden.
Nach der Mittagspause ging dann die eigentliche Schreibwerkstatt los. Wir sollten eine Nachricht produzieren, für ein Feature fehlte die Zeit.
Spektrum der Wissenschaft hatte die Schreibwerkstatt vor der Pandemie häufiger abgehalten. Jetzt war dies seit fünf Jahren die erste Veranstaltung.
Die Nachricht ist eine kurze journalistische Darstellungsform und teilt eine Neuigkeit mit, die für den Nutzer von Interesse ist. Im Journalismus ist sie die zentrale informationsorientierte Darstellungsform. In ihrer kürzesten Form wird sie auch Meldung oder Kurzmeldung genannt; längere Ausprägungen heißen Bericht.
Wikipedia
Die Meinung des Journalisten ist in der Nachricht eher nicht gefragt.

Ein kurze, prägnante und sachliche Überschrift zu finden, die Kernbotschaft nüchtern schon im anschließenden Teaser zu platzieren, das fällt mir schwer. Ich baue einen Beitrag lieber Stück für Stück auf.
Hier ist sie nun, meine erste unter professioneller Aufsicht erstellte Nachricht, natürlich wie kann es bei mir anders sein, aus dem Gesundheitswesen:
Gesundheit in Not, reich aber kränker als andere
Gesundheitsvorsorge in Deutschland, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt hat hier gehörigen Nachholbedarf. Die Menschen hierzulande sind kränker und sterben
früher als in den europäischen Nachbarstaaten. Wie kann das sein?
Eine neue gesundheitspolitische Übersichtsarbeit unter der
Leitung von Prof. Dr. Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für
Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS beleuchte die gefundenen Schwächen des deutschen Gesundheitswesens, macht zusätzlich aber auch Reformvorschläge.
Das Ergebnis der Forscher, die Prävention von Krankheiten kommt in Deutschland deutlich zu kurz, stattdessen erfolgt die Intervention erst nach der Krankheitsdiagnose. Dieses Vorgehen erhöht die Kosten der Erkrankung stark.
Parallel gibt es keine zentrale staatliche Steuerung der Gesundheitsvorsorge. Stattdessen
herrscht ein Flickenteppich aus Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen, der zu schlechter Abstimmung und ineffizienter Mittelverteilung führt. Zentrale Gesundheitsdaten können in diesem Zuständigkeitswirrwarr nicht erhoben werden. Abschließend verhindern häufig starke Lobbyverbände wirksame Maßnahmen.
Diese vier Vorschläge zur Verbesserung der Situation machen die Autoren der Studie:
Deutschland braucht eine einheitliche Vision für die Gesundheitspolitik
Gesundheitsförderung darf kein geographischer Flickenteppich bleiben.
Alle Bereiche Arbeits- und Freizeitwelt müssen auf die Gesundheitsförderung ausgerichtet werden. Kommerzielle Interessen müssen dabei zurückgedrängt werden. Kurz Deutschland muss umdenken. Die Wissenschaften bilanzieren, Deutschland kann sich das gegenwärtige System nicht mehr leisten, es muss konsequent und kurzfristig auf bessere Prävention umgesteuert werden.
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Mein eigener Fall bestätigt ja die Studie. Hätte man mein PFO vorher gefunden und verschlossen oder wenigstens die Gefahr eines Schlaganfalls über tägliche Aspiringabe reduziert , so hätte das mindestens 50.000 in meinem Fall gespart.
Zum Abschluss haben wir uns gemeinsam jeden Beitrag am Beamer angesehen und es gab eine professionelle Kritik. Kommentar zu meiner Arbeit, gute Überschrift, für ein Feature nicht für eine Nachricht. Wirrwarr ist schon wieder Meinung.
Der Journalist ist Experte auf Zeit
Redakteur Spektrum der Wissenschaft
Eine tolle und sehr produktive Veranstaltung liegt hinter mir. Meine Achtung vor dem Journalismus als Handwerk ist wieder deutlich gewachsen. Gerne spreche ich bei dieser Redaktion von Handwerk und echter Expertise.

Jederzeit wieder, vielleicht in einer zwei- oder dreitägigen Veranstaltung mit einem ganzen Feature als Inhalt. Und gerne in Heidelberg, eine schöne Stadt.