Auf zum langen Marsch

Heute ist der Brief der deutschen Rentenversicherung in der Post. Ein praktischer kostenloser Dienst der Post zeigt mir das per E-Mail immer schon in der vorherigen Nacht. Was man schon erkennen kann, es ist ein kleines Kuvert, vermutlich die Ablehnung meines Widerspruchs.

Wie hat eigentlich alles angefangen? Mei.n langer Marsch zu einer erneuten Reha?

Ich habe momentan einige gesundheitliche Einschränkungen. Mir geht es nicht sondern gut und ich dachte, eine weitere Reha würde mir guttun. Das Problem dabei, meine letzte Reha ist noch keine vier Jahre her.

Also habe ich meine Neurologin danach gefragt. Meine Reha ist noch keine vier Jahre her, kann ich trotzdem einen Antrag stellen?

Ehrlich gesagt hätte ich gedacht, dass sie solche Fragen beantworten kann. Es dürfte ja einige Personen in ihrem Patientenkreis geben, die einen Schlaganfall hatten und wieder arbeiten gehen und trotzdem noch eine Rehabilitation benötigen.

Ihre Antwort, keine Ahnung, fragen sie mal bei der deutschen Rentenversicherung nach.

Habe ich schriftlich getan, jedoch keine Antwort sondern einen unkommentierten Antrag erhalten.

Diesen habe ich ausgefüllt, den ärztlichen Begleitantrag meiner Neurologin beigefügt.

Resultat nach einiger Zeit, die Ablehnung. Aber in der Begründung standen für mich einige wichtige Hinweise.

Das hätte die Rentenversicherung auch einfacher haben könnten. Hätten sie meine Frage nach der Reha innerhalb von vier Jahren mit Nein geantwortet, wäre es das für mich gewesen.

Dann gab es zum Schluss aber den mir unbekannten Hinweis auf einen möglichen Anspruch nach dem SGB IX.

Menschen mit Behinderungen haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB IX, wenn sie länger als sechs Monate körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben und durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben,…

Ich bin Schwerbehindert, also habe ich gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Dabei sehr wichtig, die Frist von 28 Tagen unbedingt beachten. Sonst verfällt die Frist und der Bescheid erlangt so Gültigkeit.

Erstes Schreiben, erst mal der formale Widerspruch mit Hinweis auf das Aktenzeichen. Für die Begründung hat man dann noch länger Zeit.

Widerspruch: Formloses Schreiben reicht

Für den Widerspruch reicht ein formloses Schreiben mit Aktenzeichen und Datum der Kassenentscheidung. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats bei der Kasse eingehen, eine ausführliche Begründung können Versicherte nachreichen. „Am besten lassen sich Patienten von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin dabei unterstützen, zu erklären, warum die beantragte Leistung in ihrem Fall notwendig ist“, empfiehlt Julia Rieder, Ver­si­che­rungsexpertin bei finanztip.de. Beruft sich die Kasse auf ein Gutachten des Medizinischen Diensts, etwa um das Krankengeld einzustellen, sollten Versicherte das Gutachten vor der Begründung anfordern. …

Dass eine Krankenkasse beantragte Leistungen ablehnt, ist nicht ungewöhnlich. Regelmäßig passiert das zum Beispiel bei Kuren oder Reha-Anträgen. Bei den von Finanztip untersuchten Kassen wurde 2021 immerhin etwa jeder siebte Antrag aus dem Bereich Kur und Reha abgelehnt. Zwischen den Kassen gibt es dabei teils deutliche Unterschiede. Während die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland beispielsweise eine Ablehnungsquote von 27 Prozent angibt, liegt diese bei der AOK Bayern bei 11 Prozent.

bvmed.de

Wie das Ganze jetzt begründen? Allzu große Erfolgsaussichten gebe ich der Sache nicht. Ein Rechtsanwalt wie beim letzten Mal scheidet damit schon aus Kostengründen aus.

Versuchen wir es doch mal mit einer KI. Foto vom Bescheid erstellen, die KI kann dann auf den Inhalt Bezug nehmen. KI um einen Widerspruch nach SGB IX bitten und mit ärztlichen und therapeutischen Berichten anreichern. E Voila…

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erhebe ich Widerspruch gegen Ihren Bescheid vom 04.08.2025, mit dem mein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt wurde.

Die Ablehnung stützt sich auf § 12 Abs. 2 SGB VI, wonach Leistungen zur medizinischen Rehabilitation grundsätzlich erst nach Ablauf von vier Jahren erneut gewährt werden können, es sei denn, es liegen dringende gesundheitliche Gründe vor. Sie führen aus, dass solche Gründe bei mir nicht vorlägen und auch kein Rehabilitationsbedarf nach SGB IX bestehe.

Diese Einschätzung halte ich für nicht zutreffend und bitte um erneute Prüfung unter Berücksichtigung folgender Aspekte:

1. Besonderer Rehabilitationsbedarf nach SGB IX

Gemäß § 10 SGB IX sind Rehabilitationsträger verpflichtet, die individuellen Bedürfnisse behinderter Menschen zu berücksichtigen. Ich habe einen Grad der Behinderung von 60 sowie das Merkzeichen G, was eine erhebliche Beeinträchtigung der Mobilität dokumentiert. Die medizinische Rehabilitation ist für mich dringend erforderlich, um eine drohende Verschlechterung meines Gesundheitszustands zu verhindern und meine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern (§ 4 SGB IX).

2. Dringende gesundheitliche Gründe

Die Ablehnung meines Antrags ignoriert die Tatsache, dass sich mein Gesundheitszustand seit der letzten Maßnahme verschlechtert hat. Ich bin zunehmend in meiner Mobilität und Selbstständigkeit eingeschränkt, was eine zeitnahe medizinische Rehabilitation dringend erforderlich macht. Dies erfüllt die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 12 Abs. 2 SGB VI. Auflistung der Beeinträchtigungen/Verschlechterungen

3. Verpflichtung zur Teilhabe-Sicherung

Nach § 7 SGB IX sind alle Rehabilitationsträger verpflichtet, die Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Eine Ablehnung medizinischer Rehabilitationsleistungen widerspricht diesem Grundsatz, insbesondere wenn eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation droht.

4. Anforderung von Befundberichten

Hiermit bitte ich um Übermittlung von Befundberichten zur Weitergabe an meine Ärzte. Die folgenden Ärzte können die Verschlechterungen des Gesundheitszustandes sowie die Notwendigkeit der Rehabilitation bestätigen

  1. …. (Liste mit Namen und Adressen)


Ich bitte daher um eine erneute Prüfung meines Antrags unter Berücksichtigung meiner gesundheitlichen Situation, meines GdB und des Merkzeichens G sowie der gesetzlichen Vorgaben des SGB IX.

Mit freundlichen Grüßen
Olaf Schlenkert

Zur Sicherheit habe ich das Ganze noch zu einer kurzen Begutachtung an meinen Sozialverband gegeben. Hierher kommt der Abschnitt mit den Befundberichten.

Im neuen Brief der Rentenversicherung kommt heute wohl wie im Anfang beschrieben die Absage. Trotzdem sehe ich es positiv, einen Widerspruch formuliert zu haben.

Finanztip hat in einer Untersuchung für 22 Kran­ken­kas­sen mit insgesamt rund 35 Millionen Versicherten ermittelt, wie Widersprüche ausgingen. Das Ergebnis: In 40 Prozent der erledigten Fälle waren Versicherte mit ihrem Widerspruch ganz oder teilweise erfolgreich. Die Entscheidung der Kasse wurde nach erneuter Prüfung hingegen in 37 Prozent der Fälle bestätigt. Knapp 20 Prozent der Widersprüche nahmen die Versicherten zurück.

bvmed.de

Widersprüche sind also ein probates Mittel. Klagen gehen den Bescheid werde ich nicht. Ich bin ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht Hannover. Wir verhandeln dort momentan 21 und 22 ziger Fälle. Sind also ungefähr 4 Jahre zurück. Ein Urteil käme damit viel zu spät. In zwei Jahren kann ich ohnehin einen neuen Antrag stellen.

Und sollte im Kuvert der Rentenversicherung lediglich meine Rentenauskunft enthalten sin, so habe ich einen prima Grund für einen der nächsten Beiträge.

Veröffentlicht von oschlenkert

männlich, 52 Jahre, verheiratet, 1 Kind, mitten im Leben ... und dann kam der Schlaganfall.

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