Welches Buch hat ihr Leben verändert? Das fragt die Zeit in ihrem Newsletter „Was wir lesen“. Ich habe darüber intensiv nachgedacht. Ich lese gerne und vor allem viel. Da gibt es bei mir einige.
Liebe Frau Schnitzler,
kennen Sie das Wort Hyggelig? Hyggelig ist ein im Dänischen und Norwegischen häufig verwendetes Adjektiv, das wörtlich „gemütlich“, „angenehm“, „nett“ und „gut“ bedeutet. Das empfinde ich besonders beim Lesen von Geschichten auf kleinen Booten. Angefangen hat alles mit Erskine Childers Rätsel der Sandbank. Zwei junge Engländer, die sich einer kriegslüsternen Nation entgegenstemmen. Auf einem kleinen Boot im deutschen Wattenmeer. In den achtziger Jahren gab es eine liebevolle Fernsehserie dazu. Die hat damals zum ersten Mal dieses warme Gefühl in mir ausgelöst. Danach habe ich das Buch in der deutschen Übersetzung gelesen. Stilecht während eines Aufenthalts auf Baltrum. Jahre später entstand dann der Wunsch, auch das englische Original zu lesen. Für mich nicht ganz einfach, dass Lesen in Englisch ist durch den reduzierten Sprachschatz deutlich aufwändiger als im Deutschen. Zeigt aber, wie viel mir an dieser Schilderung liegt. Später habe ich Fritjof Nansen entdeckt. Seine Fahrt mit der Fram in „Nacht und Eis“ ist für mich der Gipfel des Reisens. Mein Exemplar kommt aus dem Jahr 1897 aus dem Brockhaus Verlag. Diese Bücher sind richtige Kunstwerke. Es sind zahlreiche Karten (teilweise handkoloriert) enthalten. Weiter gibt es viele Photos (hier gehört einfach die alte Schreibweise hin.) und vom Autor selbst gezeichnete Aquarelle. F.N. ist hier wirklich talentiert. Vielleicht mein größter Bücherschatz, den ich für nur 40 € in einem Antiquariat erwerben konnte. Mein Lieblingsband ist der Band 1 mit der gemeinsamen Fahrt auf der Fram. Band 2 mit dem Versuch den Nordpol zu Fuß zu erreichen, ist eine gewaltige Leistung aber bestimmt nicht mehr hyggelig. Manchmal finde ich in den Büchern alte vergessene Zeitungsausschnitte oder Ansichtskarten. Für mich Spuren längst vergangener Zeiten, wie Treibgut an den Stränden der Nordsee. Eine kleine Flaschenpost und Zeitkapsel für die Seele. Meine letzte „Neuerwerbung“ ist die Reise von Charles Darwin auf der Beagle. Diesmal kommt mein Exemplar (10 €!) aus dem Jahr 1909. Was für ein Augenschmaus. Und was für ein haptisches Vergnügen, was ich bei modernen Büchern selten verspüre. Ich wünsche Ihnen ein hyggeliges Wochenende.
Ihr Olaf Schlenkert